GKV-Finanzierung

Wenn der Bund die Musik bestellt, müssen andere zahlen

Seit 12 Jahren hat die Bundesregierung für die Erfüllung sozialpolitischer Aufgaben ihren Zuschuss an die GKV nominell nur minimal erhöht. Sie weiß selbst, dass das politisch nicht korrekt ist - aber trotz anderslautender Beteuerungen ist bisher nichts geschehen.

Der Bundeszuschus für die GKV leidet unter Schwindsucht

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Es gibt eine ganze Reihe von gesellschaftspolitisch wichtigen Aufgaben, die der Gesetzgeber irgendwann einmal der gesetzlichen Krankenversicherung übertragen hat, obwohl sie mit dem Grundprinzip der Krankenversicherung nichts zu tun haben. Denn dieses sieht lediglich vor, dass die Solidargemeinschaft der Beitragszahler für die medizinisch veranlassten Kosten erkrankter Mitglieder aufkommt.

Ein Beispiel für solche „versicherungsfremden Leistungen“ ist die beitragsfreie Mitversicherung von Familienangehörigen. Dass Kinder in der GKV beitragsfrei mitversichert sind, ist keine medizinische Versorgungsleistung gegenüber dem Versicherten, sondern entspringt allein der sozialpolitisch sinnvollen und von der Bevölkerung mitgetragenen Absicht, Familien mit Kindern finanziell nicht zu überfordern. Ob es allerdings politisch ebenso mehrheitsfähig ist, dass ein Ehepartner mit geringfügigem Einkommen beim anderen beitragsfrei mitversichert werden kann, mag fraglich sein. Denn dies kann beispielsweise dazu führen, dass jemand, der sehr gut verdient, den nicht beruflich tätigen Partner gratis mitversichern kann, während ein Paar, bei dem beide Partner erwerbstätig sind und durchschnittlich verdienen, beide Krankenkassenbeiträge bezahlen müssen, die zusammen höher liegen als beim Gutverdiener. Trotzdem muss die Krankenkasse natürlich die Krankheitskosten des kostenlos mitversicherten Partners übernehmen.

Für diese politisch bedingten Kosten, die die Krankenkassen zu tragen haben, zahlt der Bund seit 2004 einen Zuschuss an die gesetzliche Krankenversicherung. Bis 2012 stieg dieser auf 14,0 Milliarden Euro an, aber seitdem gab es - abgesehen von pandemiebedingten Sonderzahlungen zur Abfederung zusätzlicher Corona-Aufwände - keine nennenswerten Steigerungen mehr. Im Jahr 2024 liegt der sogenannte Bundeszuschuss bei 14,5 Milliarden Euro. Doch auch die Kosten für die versicherungsfremden Leistungen stiegen auch seit 2012 immer weiter an.

Das liegt zum einen schlicht daran, dass die Ausgaben der gesetzlichen Krankenversicherung insgesamt steigen - und damit zum Beispiel auch für die beitragsfrei mitversicherten Ehepartner. Zum anderen werden aber versicherungsfremde Leistungen auch häufiger in Anspruch genommen. Ein Beispiel hierfür ist das Krankengeld bei Betreuung eines erkrankten Kindes, dessen Kosten für die Krankenkassen parallel zur steigenden Erwerbsquote von Frauen kontinuierlich zunehmen.

Wo genau das Solidarprinzip der gesetzlichen Krankenversicherung endet, und wo versicherungsfremde Leistungen beginnen, ist unter Experten im Detail oft umstritten. Die Schätzungen reichen von 20 bis 57 Milliarden Euro pro Jahr. Sie liegen aber alle über dem tatsächlich gezahlten Bundeszuschuss.

Dass eine Erhöhung längst überfällig ist, hat sich die Ampelkoalition in ihrem Koalitionsvertrag selbst bescheinigt: „Wir bekennen uns zu einer stabilen und verlässlichen Finanzierung der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV). Den Bundeszuschuss zur GKV dynamisieren wir regelhaft”, heißt es dort etwas technokratisch. Gemeint ist, dass der Bundeszuschuss nicht wie bisher willkürlich festgelegt werden soll, sondern sich nach einer festen Regel richtet - und etwa jährlich an den Anstieg der Leistungsausgaben der GKV angepasst wird. Bislang leere Versprechungen: Geschehen ist bisher nichts.

    Unsere Position:

    • Bundeszuschuss regelhaft dynamisieren so, wie im Koalitionsvertrag festgehalten.
    • In Frage kommt eine Orientierung an den beitragspflichtigen Einnahmen oder an den Leistungsausgaben der GKV.

    Kontakt

    Thorsten Greb
    Referent Kommunikation

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