GKV-Finanzierung

Kaum zu glauben, aber wahr: Arzneimittel sind Luxusgut

Der Finanzminister kassiert über 4 Milliarden Euro Mehrwertsteuer zu viel für Arzneimittel, weil er sie nicht als Waren des täglichen Bedarfs einstuft. Diesen Betrag müssen am Ende die Beitragszah-ler der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) aufbringen.

Mehrwerststeuer auf Arzneimittel

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Vor wenigen Jahren gab es eine intensive gesellschaftliche Debatte über die Mehrwertsteuer. Denn Tampons, Damenbinden und andere Monatshygieneartikel unterlagen bis dahin dem Mehrwertsteuersatz von 19 Prozent. Sie seien aber, so die Kritikerinnen und Kritiker, „Waren des täglichen Bedarfs“, die für Frauen im Alltag eine ähnliche Bedeutung hätten wie Lebensmittel oder Getränke. Eine Frau gebe in ihrem gesamten Leben bis zu 7.000 Euro für Monatshygieneartikel aus, rechneten Medien vor.

Unter dem Motto „Die Periode ist kein Luxus!“ wehrten sich zwei Petitionen mit mehr als 270.000 Mitzeichnenden dagegen. Und tatsächlich senkte die Bundesregierung 2019 den Steuersatz für Monatshygieneartikel auf 7 Prozent mit Wirkung ab dem Folgejahr.

Auch Arzneimittel sollten eigentlich kein Luxusgut sein, aber das sieht der Gesetzgeber leider anders. Deshalb zahlen kranke Menschen in Deutschland nach wie vor die „Luxussteuer“ von 19 Prozent auf ihre Arzneimittel.

Bei Arzneimittelausgaben der gesetzlichen Krankenversicherung in Höhe von rund 50 Milliarden Euro nimmt der Staat so etwa 8 Milliarden Euro Steuern ein. Beim ermäßigten Mehrwertsteuersatz von 7 Prozent wären es nur 3,3 Milliarden. Auf die gut 4 Milliarden Euro mag die Bundesregierung nicht verzichten - und so bleiben Arzneimittel in Deutschland weiterhin „Luxusartikel“.

Kuriose Folge: Zucker wird mit 7 Prozent besteuert. Wer Diabetes hat, zahlt dann für seine Arzneimitteltherapie mit Insulin aber 19 Prozent Mehrwertsteuer.

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach zeigt sich immer wieder bemüht, die Arzneimittelausgaben der Krankenkassen in den Griff zu bekommen. Mit einer Mehrwertsteuersenkung hätte er ein probates Mittel in der Hand.

Unsere Position:

  • Bei Arzneimitteln dauerhaft den ermäßigten Mehrwertsteuersatz von 7 Prozent anwenden. Von den insgesamt 27 EU-Mitgliedsstaaten wenden 24 einen ermäßigten Mehrwertsteuersatz auf Arzneimittel an oder verzichten gleich ganz darauf.
  • Frankreich beispielsweise belegt erstattungsfähige Arzneimittel mit einem Steuersatz von lediglich 2,1 Prozent, Schweden verzichtet bei verschreibungspflichtigen Präparaten ganz darauf. Nur die Bulgaren und Dänen zahlen einen höheren Mehrwertsteuersatz als die Deutschen.

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Thorsten Greb
Referent Kommunikation